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Seit Jahrhunderten hat Puder die Aufgabe, den Menschen zu verschönern. Das ist bis heute so geblieben. Doch in so manchen Epochen wirbelte der Puder dabei gehörig Staub auf. Im Rokoko kam es sogar zu einem regelrechten Puderkult, der zur Zeit der Französischen Revolution erst einmal wieder verschwand. Sein Comeback machte den schönen Staub umso perfekter.
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Ob Japan, Ägypten, Griechenland oder das alte Rom - schon in der Antike puderten schönheitsbewusste Frauen ihre Haut. Sie verwendeten pulverisierte Tonerde, gemahlene Reiskörner, Weizen- oder Bohnenmeht. Hauptsache, es war weiß. Noch heute kann man in Museen kostbare Puderdosen und -zerstäuber, hübsche Puderpinsel und -besen aus der Antike bewundern.
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Trotz der vielen Frauen, die sich schminkten, war es ein Mann, der Mitte des 15. Jahrhunderts den Puder zum Pflichtprodukt ausrief. Der französische König Henri 1. zeigte sich seinen Untertanen nur perfekt gestylt mit hell gepuderter Haut. Wer etwas auf sich hielt, tat es ihm gleich. Diese Sitte verbreitete sich auf dem gesamten Kontinent. Venezianische Frauen bedeckten ihr Gesicht mit einer wasserlöslichen Paste, über die jeden Tag eine neue feine Schicht gepudert" wurde. Englische Frauen sicherten sich ihre vornehme Blässe durch pulverisierte Asche aus Tierknochen, bedeckt von einer dünnen Ölschicht aus Mohnsamen. Aus der Zeit des grausamen englischen Königs Heinrich VIII. wird folgende Geschichte berichtet: Seine Gemahlin Anna Boleyn, die er 1536 wegen angeblichen Ehebruchs köpfen ließ, soll vor ihrer Hinrichtung geseufzt haben: "Es ist Zeit, dass der Henker sich an die Arbeit macht denn ich habe kein Körnchen Puder mehr. Und der König würde zweifelsohne seine Grausamkeit so weit treiben, mir keinen Puder mehr zu erlauben."
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In einen wahren Puderrausch verfiel die feine Gesellschaft im Rokoko (1730 - 1790). Frauen, Männer und Kinder benutzten den Puder verschwenderisch, um sich damit Gesicht, Dekolleté, Arme, Hände und sogar die Perücke zu bestäuben. Sie nahmen Puder, um die Spuren des Älterwerdens, wie Falten und graue Haare, zu überdecken. Oft ließ sich unter der Puderschicht nicht einmal mehr genau feststellen, wie alt jemand tatsächlich war.
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Der Adel kompensierte mit dem weißen Staub seine mangelnde Reinlichkeit und die sichtbaren Folgen diverser Krankheiten. Die verwendeten Pudersubstanzen setzten der Haut allerdings noch weiter zu. Am harmlosesten war der feine Staub des Reismehls, der stark parfümiert und mit Farbstoffen versehen war. Als billige Alternative gab es Getreidemeht für die weniger Betuchten. Besonders begehrt war der weiße Bleipuder, ein gefährliches Gemisch. Schon seine Herstellung erwies sich in vielerlei Hinsicht als eine ätzende Prozedur: Dünne Bleiplatten wurden in ein Gefäß gegeben, das man mit Essig füllte. Das Ganze ließ man drei Wochen lang in einem Bett aus Pferdedünger stehen. Danach wurden die Platten zerschlagen und zu Puder zerstoßen. Anschließend mischte man Wasser darunter und stellte den Brei zum Trocknen in die Sonne. Ganz zum Schluss wurde der Puder parfümiert und - je nach Wunsch - grau oder weiß eingefärbt.
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Dieser Bleipuder war so gefährlich, dass die Armen, die ihn herstellen mussten, über allerlei Gesundheitsschäden, von Kopfschmerzen bis hin zur Erblindung, klagten. Ebenso schädlich war der Puder für die Haut der Anwender. Der Teint war meist schlaff, gelb und fahl, übersät mit Pusteln und Ekzemen. Keine der zeitgenössischen Schönheiten konnte ihr gutes Aussehen über das 30. Lebensjahr hinaus retten. Doch je schrecklicher die Auswirkungen auf die Haut waren, desto mehr wurde sie korrigiert und übermatt. Im Paris zur Zeit Marie Antoinettes puderten die Damen der Gesellschaft ihre Gesichter so dick weiß, dass sie versteinert wie aus Marmor wirkten. Es sollte sie vom gemeinen Volk abheben. Denn Natürlichkeit wie nackte Haut galt damals als äußerst unfein.
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Die Französische Revolution setzte dem weißen Treiben ein jähes Ende. Scharenweise rollten die gepuderten Köpfe unter der Guillotine. Alles Aristokratische galt von da an als vulgär. Auch der Puder. Waschen mit Wassersetzte sich wieder durch.
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Erst um 1900 wurde Gesichtspuder allmählich wieder gesellschaftsfähig. Die puristische jahrhundertwende bescherte ihm sogar eine Solorolle. Als einziges Schönheitsutensit, das einer Dame von Welt gestattet war. Nur die "Demi-Monde", die Halbwelt der Schauspieler und Prostituierten trug Farbe im Gesicht. Im Vergleich zu früher wurde der matte Weißmacher aus weniger gefährlichen Substanzen gewonnen. Erst war es Mehl, Magnesium oder Reisstärke, später wechselte man zu Mandel-, Reis und Kartoffelmehl. Geschichtet wurde das feine Pulver damals auf kleine Papierblätter, die zu einem Büchlein zusammengefasst waren. Kurze Zeit später wurde der Puder bereits zu einem Puderstein zusammengepresst, um ihn gut in der Handtasche mitnehmen zu können. Er hatte die Aufgabe, die Haut matt abzudecken und - vor allem - zu tönen.
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Besonders hautfreundlich war der Puder damals noch nicht. Durch die zumeist quellenden Materialien wie Talkum, geriebene Seide oder Reisstärke quoll er durch Schweißbildung auf und verstopfte die Poren. Mit der Erfindung des Flüssig-Make-ups 1944 brauchte man Puder nicht länger zum Abdecken, sondern nur noch zum Mattieren, Fixieren und Perfektionieren. Mitte der fünfziger Jahre kamen die ersten Luxusprodukte auf den Markt. Ein besonders feiner Gesichtspuder enthielt pulverisierte Perlen. Inzwischen hat der Fortschritt den Puder längst eingeholt. Mikronisierte Pigment- und Puderteilchen, unterstützt von pflegenden Substanzen machen ihn zu einem hauchzarten Nebel. Er bildet den krönenden Abschluss, das unverzichtbare Finish für jedes Make-up.
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