Jin Xing

Dokumentation, 2001, arte


Soldat und Tänzerin

Sie ist eine aussergewöhnlich schöne Frau: Lange schwarze Haare, ein zugleich wohlgeformter und trainierter Körper, elegant, graziös. Jin Xing ist Choreographin und erste Tänzerin im Ballet von Shanghai – der einzigen offziell zugelassenen zeitgenössischen Ballett-Truppe in ganz China. Sie ist berühmt in der Volksrepublik und bei ihren Auftritten beklatschen sie auch die Partei-Kader begeistert. Als sie geboren wurde, war sie ein Junge – transsexuell. Dies ist die Geschichte eines kleinen Jungen, der ein Mädchen sein wollte, dessen Verwandlung in China von damals und im China von heute die Grenzen des geschlechtlich und gesellschaftlich Vorstellbaren sprengten. Geboren irgendwo in der Mandschurei, als Sohn eines von konfuzianischen Idealen geprägten Soldaten, schon früh angezogen vom Tanz, mit acht Jahren aufgenommen von der Tanz-Schule der Volksarmee. Mit 18 Jahren war Xin Jin – das heisst übersetzt „goldener Stern“ – der beste Tänzer Chinas und zum Oberst befördert. Mit einem Stipendium in der Tasche fährt der Tanz-Soldat nach New York – geschockt und erweckt sowohl vom modernen Ballett als auch von der Toleranz und der Freiheit der sexuell Anderen. Seine Mutter verstand ihn und unterstützte die Frau in ihm: Geschlechtsumwandlung, Rückkehr nach China und eine zweite Karriere als Tänzerin. Ihre „Carmina Burana“, inszeniert im vergangenen Herbst in Shanghai, geht gerade auf Welt-Tournee. Jin Xing – ihre Wandlungen zum früher Undenkbaren – ist für die Chinesen von heute auch ein Symbol dessen, was möglich sein könnte im neuen China von morgen.


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